super | spreading spread = Ausbreitung – bezeichnet in der Epidemiologie die Neigung, wesentlich mehr als die durchschnittliche Anzahl von Personen (R) anzustecken; Infektions-Cluster entstehen, explosionsartige Ausbrüche.
R, die Reproduktionszahl, zeigt wie viele Personen im Durchschnitt von einem Infizierten angesteckt werden, aber nicht, ob es Infizierte gibt, die unverhältnismäßig viele anstecken, waehrend andere entsprechend weniger anstecken. Wie viel Unterschiede oder Variation zwischen den Infizierten ist zeigt R nicht – wie hoch die Streuung um den Mittelwert ist, ob es Cluster-Bildung gibt. Es gibt entsprechend viele Möglichkeiten zu einem R-Wert von z.B. 2 zu kommen.
k, der Dispersions-Faktor, zeigt, ob es viele Infizierte gibt, die wesentlich mehr Personen anstecken als der Durchschnitt (R). k hat einen Wert zwischen 0 und 1. Wenn k=1 ist, ist die Verteilung homogen, z.B. bei der saisonalen Grippe scheint das der Fall zu sein. Je mehr sich k der Null nähert, desto höher ist der Einfluss von einzelnen Infizierten, die überproportional viele Mitmenschen anstecken, Cluster-Bildung und Superspreading Ereignisse können folgen.
Superspreading bei COVID-19
Für alle drei Coronaviren, die beim Menschen Atemwegserkrankungen verursachen (SARS-CoV, MERS-CoV, SARS-CoV-2), sind Superspreading Events beobachtet worden. Unerkannte Krankheit und Übertragung über die Luft koennen leicht zu Superspreading fuehren schreibt Lloyd-Smith et al. (2005); COVID-19 kann leicht unerkannt bleiben – auf jeden Fall in der ersten Tagen – da sich Symptome womoeglich erst spaeter oder gar nicht entwickeln und der Verdacht, dass COVID-19 airborne ist besteht.
Warum sind Superspreading Events interessant und wichtig?
Einerseits um die Biologie und Mechanismen zu erforschen und besser zu verstehen – konkret angewandt aber vor allem auch für die beste Kontrolle der Ausbreitung. Wenn Superspreading Events eine Rolle spielen, dann ist ihre Vermeidung ein wichtiger und wirksamer Ansatzpunkt zur Eindämmung.
Die Ursache fuer das super-spreading kann in der Biologie, im Verhalten oder in den Umweltbedingungen liegen, z.B. wenn SARS-CoV-2 auch über die Luft durch Aerosol übertragen wird:
- Biologie: manche Menschen produzieren wesentlich mehr Aerosol als andere.
- Verhalten: Singen, lautes Sprechen, sportliches Atmen, führen zu einer höheren Aerosol-Bildung.
- Umwelt: in geschlossenen Räumen mit schlechter Zirkulation und ggf. entsprechenden Feuchtigkeits-und Temperaturbedinungen, die den Coronaviren angnehm sind, ist mit einer erhöhten Infektion über die Luft zu rechnen.
Also: vielleicht doch besser nach draussen gehen oder Fenster auf..
Nachzulesen..
Kupferschmidt K. 2020. Why do some COVID-19 patients infect many others, whereas most don’t spread the virus at all? doi:10.1126/science.abc8931
Lloyd-Smith J.O., S.J. Schreiber, P.e. Kopp & W.M. Getz. 2006. Superspreading and the effect of individual variation on disease emergence. Nature 438:355-359.